Geschichtswerkstatt 2007: Arbeit und Fortschritt

Im Jahr 2007 beschäftigte sich die Geschichtswerk­statt mit Arbeit und Fortschritt, genauer: mit dem Leben zweier Poli­tik­er und mit den Anfän­gen der Indus­tri­al­isierung in Südtirol.

Am 23. Okto­ber durften wir den Arzt, Poli­tik­er und Pub­lizis­ten Egmont Jen­ny willkom­men heißen, der ein bewegtes Leben führte, über das er beherzt und nicht ohne kri­tis­chen Witz erzählt. Als Sohn eines deutschen Vaters und ein­er lom­bardis­chen Mut­ter wuchs er aus­gerech­net im bäuer­lichen Lana auf. Sein aus­geprägtes Rechts­be­wusst­sein und seine poli­tis­che Ver­we­gen­heit ver­danke er zum großen Teil sein­er Mut­ter, die couragiert antifaschis­tisch war und ihm immer ein­prägte, Ital­iener seien nur „Gast in diesem Land“. Jen­ny sprach über die großen Ideen der sozialen Demokratie in Südtirol, über seine Ver­bun­den­heit zu Kreisky und seinen Ein­stieg in die Poli­tik. Aber er berichtete auch von Schwierigkeit­en mit der SVP, von Rückschrit­ten und Nieder­schlä­gen, die seine poli­tis­che Kar­riere eben­so prägten wie das Fes­thal­ten am Wun­sch, Südtirol zum Fortschritt zu brin­gen – wom­it er nicht nur einen materiellen, son­dern vor allem einen geisti­gen Fortschritt meinte. Spritzig erzählte er von Begeg­nun­gen mit dem Volk, mit ein­fachen Bauern im Gasthaus und mit aufwieg­lerischen Buben bei Wahlver­anstal­tun­gen.

Ihm fol­gte am 13. Novem­ber 2007 der Uni­ver­sität­spro­fes­sor Hel­mut Alexan­der mit seinen Aus­führun­gen über die indus­trielle Geschichte Südtirols. Neben der Land­wirtschaft, die das Land bis weit ins 20. Jh. hinein dominierte, gab es immer auch Betriebe, die Gebrauchs­güter und Dien­stleis­tun­gen anboten. Als im 18. Jh. die Bevölkerung anwuchs, kon­nte das Handw­erk den gesteigerten Güterbe­darf nicht mehr deck­en. Eine Baum­woll­spin­nerei markiert Mitte des 19. Jahrhun­derts den Anfang der indus­triellen Entwick­lung in Südtirol; Fab­riken zur Loden­her­stel­lung und zur Pro­duk­tion von Kon­ser­ven fol­gten. Die Zwis­chenkriegszeit war von faschis­tis­chen Indus­tri­al­isierungs­maß­nah­men und der Nutzung der Wasserkraft geprägt. Später schuf eine dezen­trale Indus­tri­al­isierung eine bre­it gestreute Gewer­be­land­schaft mit ein­er Vielfalt von Branchen.

Den Abschluss bestritt Klara Rieder am 4. Dezem­ber 2007 mit ihrer Buchvorstel­lung der Sil­vio-Flor-Biografie. 1903 in Mer­an geboren, groß gewor­den in der sozial­is­tis­chen Jugend Wiens, trat Flor 1921 der neu gegrün­de­ten KPI bei und musste 1926 aus Südtirol fliehen. Während seines 13-jähri­gen Exils ver­fasste er für die KPI mehrere ille­gal ver­bre­it­ete Flugschriften.  Flor besuchte die Inter­na­tionale Lenin-Schule in Moskau und machte im Exil Bekan­ntschaft mit den promi­nen­testen Vertretern von KPI und PSI.


Geschichtswerk­statt 2007: Arbeit und Fortschritt

Dien­stag, 23.10.2009:
Egmont Jen­ny: “Beken­nt­nis zum Fortschritt”

Dien­stag, 13.11.2009:
Hel­muth Alexan­der: „Die indus­trielle Entwick­lung in Südtirol im 19. und 20. Jahrhun­dert”

Dien­stag, 04.12.2009:
Klara Rieder: “Sil­vio Flor. Ein Südtirol­er Kom­mu­nist im Ein­satz für Arbeit­er und Autonomie”

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