Protokolle über die Sitzungen des Stadtrates und die Ehehafft Taidinge
In den ältesten Protokollen (die Reihe der Protokollbücher beginnt mit dem Jahr 1530) wurden die Sitzungen zweier Gremien protokolliert, die normalerweise am selben Tag tagten: Der Stadtrat und das sogenannte Ehehafft Taiding. Die Ratssitzungen fanden jeweils am Vormittag, die Taiding-Sitzungen am Nachmittag statt.
Der Stadtrat setzte sich aus dem Stadthauptmann (Schlosshauptmann, oft in Personalunion mit dem fürstbischöflichen Oberamtspfleger), dem Stadtrichter (bzw. Landrichter in der Zeit der bayerischen Regierung), dem Bürgermeister und den sogenannten Ratsfreunden zusammen.
Johann Nepomuk Tinkhauser zitiert aus der Stadtordnung von 1649 über die Ratssitzungen:
Bey den Raths-Sitzungen hat der Burgermaister die Anträge vorzubringen, der Schloßhauptmann darauf die Anfrage zu machen, der Stadtrichter die erste Stimme zu geben, darauf der Burgermaister, und die Rathsverwandten nach dem Alter. Der Hauptmann hat hierauf die Stimmen zu colligiren, die seinige zu geben, und den Beschluß protokollieren zu lassen. Der Hauptmann und der Stadtrichter sollen sich zu den Raths-Sitzungen willig finden, und en gemainen Nutzen befördern. […]
Der Stadtrath soll mit Einschluß des Bürgermaisters, aus zwölf tauglichen Burgersmännern bestehen, die nicht aus einer Freundschaft, und von gleichen Gewerben sein, und vom Rath erwählt und verpflichtet werden. Sie sind verbunden auf das Berufen des Rathsdieners zu dem Rathe zu erscheinen, den Nutzen und die Wohlfahrt der Gemeinde zu befördern, und keine Geheimniße auszuschwätzen, bey Strafe in Geld, oder im Gehorsam im Schloßthurme. […][1]
Beim Ehehafft Taiding traf sich die (männliche?) “gesamte Bürgerschaft und Gemain” der Stadt mit dem Bürgermeister und den Viertelmeistern der einzelnen Stadtviertel im Ratssaal, um sich über anstehende Punkte auszutauschen und Beschlüsse zu fassen.
Über die Ehehaft Taidingen schreibt Tinkhauser:
Zu den Ehehaft Taidingen, so jährlich zu Weihnacht-Mitfasten und Michaeli-Quatember gehalten werden, soll die große Gloggen auf dem Rain zwischen 11 und 12 Uhr Mittags geläutet werden, und hierauf der Rath, die Burgerschaft und ganze Gemainde, bey einer Strafe von 15 kr., sich versammeln. Daselbs mag Jeder seine Beschwerden wieder den Andern, so sich nicht in der Gerichts-Jurisdiction gebühren vorbringen. Darüber soll öffentlich Wendung und Ordnung beschehen wie von Alters herkommen ist.[2]
Sitzungsprotokolle des Stadtrates
Sitzungsprotokolle des Stadtmagistrats
Der Magistrat der Stadt (auch als städtische Repräsentation bezeichnet) bestand aus dem Bürgermeister und den Magistratsräten (auch als Gemeinderäte bezeichnet) sowie einem Schriftführer.
Sitzungsprotokolle von Gemeindeausschuss und Magistrat
In den städtischen Protokollbüchern sind ab 1850 die Gremien Gemeindeausschuss und Stadtmagistrat als steuernde Regierungsorgane genannt.
Der Gemeindeausschuss (auch als Bürgerausschuss, großer Ausschuss, städtischer Ausschuss bezeichnet) setzte sich aus dem Bürgermeister, den Ausschussmitgliedern (auch als Ausschüsse bezeichnet), den Ersatzmännern sowie dem Schriftführer zusammen.
Sitzungsprotokolle des Gemeindeausschusses
Ab 1868 wird in den städtischen Protokollbüchern nur der Gemeindeausschuss als entscheidendes Gremium genannt.
Anmerkungen
[1] Hubert Stemberger (Bearb.), J.N. Tinkhauser’s Brunecker Chronik 1834. „Geschichtliche Nachrichten von der k.k. Kreisstadt Bruneck und derselben Umgebung“. Mit 147 Faksimile-Farbdrucken nach den Vorlagen des Verfassers, Bozen 1981, S. 139–140.
[2] Ebd., S. 140.