Der ältere Teil des Stadtarchivs, der im Mai 2018 aus dem Südtiroler Landesarchiv an die Stadtgemeinde Bruneck übergeben wurde und seitdem im Depot des Stadtarchivs in der „LibriKa“ verwahrt wird, umfasst die in einem eigenen Findbuch beschriebene Urkundenreihe sowie Akten und Amtsbücher vornehmlich aus der Zeit vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Die Serien der Akten und Amtsbücher sind im vorliegenden Findbuch aufgeschlüsselt.
Bestandsgeschichte
Die Aufteilung des städtischen Archivs in zwei Teile war ein gravierender Einschnitt, der mit der Gründung des Staatsarchivs Bozen im Jahr 1921 als Sektion des Staatsarchivs Trient begann. 1930 wurde diese Sektion in den Rang eines eigenständigen Staatsarchivs erhoben, das im Schloss Maretsch in Bozen untergebracht war. Im August 1940 kam der „ältere“ Teil des Stadtarchivs Bruneck in das Staatsarchiv Bozen. Die relativ willkürliche Aufteilung des Archivbestandes geschah dabei – wie Christine Roilo vermutet – wohl in der Absicht, den „neueren“ Teil der Akten oder zumindest die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Bestandsgruppen vor Ort zu belassen und einen „historischen“ Teil den Beständen des Staatsarchivs einzuverleiben.[1]
1972 wurde das Staatsarchiv geschlossen, 1973–1974 die Bestände in eine Lagerhalle verlegt und erst 1986 konnte der Neubau in der Armando-Diaz-Straße bezogen werden, der seitdem die Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann, das Südtiroler Landesarchiv und das Staatsarchiv Bozen beherbergt. Das Brunecker Stadtarchiv wurde 1986 aufgrund des Staatsgesetzes Nr. 118 vom 11. März 1972 vom Staats- an das Südtiroler Landesarchiv übergeben, wo es neben anderen Stadt- und Gemeindearchiven als Depositum verwahrt wurde.
Die Neuordnung, die der Bestand vormals im Staatsarchiv Bozen erlebte, aber vermutlich auch frühere Aktionen wie etwa bei anderen, dem Tiroler Landesarchiv zu Beginn des 20. Jahrhunderts übergebenen kommunalen Beständen, führte zur ahistorischen Trennung zusammenhängender Gruppen nach rein äußerlichen Kriterien: Ungebundene Beilagen („Akten“) wie etwa Rechnungsbelege und Besitztitel wurden von den zugehörigen gebundenen „Amtsbüchern“ getrennt; letztere wurden zu Serien geformt. Wenn sich auch manchmal die ursprüngliche Zugehörigkeit der (meist nummerierten) Rechnungsbelege in mühevoller Kleinarbeit noch rekonstruieren ließe, so ist dies für eine Vielzahl anderer, loser Archivalien nicht mehr möglich. In einigen Fällen konnte bei der Neusichtung des Bestandes in Bruneck nunmehr eine frühere Ordnung erkannt und zum Teil wiederhergestellt werden. Namentlich konnten zahlreiche Stücke aus den umfangreichen „Miszellen“-Bündeln an ihren ursprünglichen Platz im Bestand rückgereiht werden, was darauf hinweist, dass die Systematisierung der älteren Bestände des Stadtarchivs im Staatsarchiv Bozen nicht sinnvoll abgeschlossen werden konnte.
Serien
Der Bestand wurde in 50 Serien untergliedert, die mit römischen Zahlen durchnummeriert sind:
Die Serien I bis XI enthalten Ratsprotokolle, Bürgermeisteramtsraitungen und andere Rechnungen und Rechnungsregister, Urbare der Stadt, Ordnungen und Chroniken.
Die Serien XII bis XXX enthalten Archivalien aus der Verwaltung des (gestifteten) Vermögens des Heilig-Geist-Spitals, der Pfarrkirche und anderer Kirchen, Stiftungen und Benefizien, die im 19. Jahrhundert von der Kommune in den dafür eingerichteten Pfarrkirchenfonds, Armenfonds, Schulfonds und Spitalfonds übernommen wurden. Die Übernahme der Verwaltung bedingte notwendigerweise auch die Übergabe der früheren Archivalien aus den Ursprungsarchiven, vornehmlich aus dem Pfarr- und Dekanatsarchiv Bruneck. Die in den dortigen Beständen ersichtlichen (großen) Lücken werden durch die Bestände des Stadtarchivs nur zum Teil geschlossen.
Die Serien XXXI bis XXXVIII enthalten Akten und Unterlagen zum Lorenzimarkt, zur Landesverteidigung, Einquartierung, Durchzug und Verpflegung von Truppen, zum Bau von Straßen und Brücken, zum Schul- und Sanitätswesen und zu zivilrechtlichen Prozessen.
Die Serien XL bis XLII enthalten Urbarsbetreffe der mit der Säkularisierung von 1803 aufgehobenen bischöflichen Herrschaft Bruneck. Das bischöfliche Amt (Oberamt) verwaltete die Grundherrschaft des Bischofs im Raum Bruneck, die sich aus Gütern in Streulage in den Gerichten und Orten Aufhofen, Antholz, Bruneck, Percha, Prags, Pfunders, Dietenheim, Taufers, Tesselberg, Toblach, Thurn, Enneberg, Gais, St. Georgen, Geiselsberg, Gsies, Mühlbach, Montal, Ober- und Niederolang, Rasen, Reischach, Ried bei Zell, Runggen, Stegen und Stefansdorf zusammensetzte. Die Güter bildeten zudem ein bischöfliches Territorialgericht mit eigenem Gerichtshof (wenn auch ohne Hochgericht).
Die Serien XLIII bis XLIX enthalten Abschriften von Landtagsakten, Kaufverträge und verschiedene Akten, das Familienarchiv Tinkhauser, Steuersachen, verschiedene Urbare, verschiedene Kodizes und Suppliken an den Stadtrat.
Das sogenannte Familienarchiv Tinkhauser umfasst einen Teil der Überlieferung des Bru-necker Goldschmieds, Sammlers und Geschichtsschreibers Johann Nepomuk Tinkhauser (1787–1844). Der weit größere Teil des Archivs sowie Tinkhausers Bibliothek wird heute im ehemaligen Stadtmuseum Bruneck (jetzt Eck Museum of Art) durch den Museumsverein verwahrt, während sich die Objekte aus der Tinkhauser-Sammlung im Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde in Dietenheim befinden.
Die Serie L bezeichnet die Bündel der Miscellanea, die Serie LI enthält einige Landkarten zu Liegenschaften der Stadt Bruneck bzw. des städtischen Spitals.
[1] Christine Roilo, Das Brunecker Stadtarchiv und seine Bestände, in: Stefan Lechner (Hg.), Der lange Weg in die Moderne. Geschichte der Stadt Bruneck 1800–2006, Innsbruck 2006, 395–420, 396.