Vorstudien

Vorstudien für eine Brunecker Höfe- und Häusergeschichte

Bru­neck Stadt

Der Jurist und Heimat­forsch­er Paul Tschurtschen­thaler (1874–1941) legte im Jahr 1928 sein Werk „Bru­neck­er Heimat­buch“ im Druck vor. Dieses heimatkundliche Werk enthält eine Auf­stel­lung der einzel­nen Häuser der Alt­stadt, die mit ihren sechs Vierteln die zen­trale Stadt­gasse, die Rain­gasse, die Hin­ter­gasse sowie Ober­ra­gen (Ober­dorf) und Außer­ra­gen umfasst(e). In ein­er rudi­men­tären Besitzgeschichte zeigte Tschurtschen­thaler auf, wer zu welch­er Zeit welch­es Haus in der Bru­neck­er Alt­stadt besaß.

Kataster­plan der Stadt Bru­neck 1858 (bear­beit­et). Die sechs Vier­tel der Stadt sind far­blich her­vorge­hoben: erstes Vier­tel (rot), zweites Vier­tel (hell­blau), drittes Vier­tel (dunkel­gelb-grün), viertes Vier­tel (pink), Ober­ra­gen (grau) und Außer­ra­gen (wein­rot). Bear­beitung: Stadtarchiv Bru­neck.

Diese Angaben waren für alle nach­fol­gen­den Stu­di­en zur Häusergeschichte rich­tungsweisend, wen­ngle­ich sie auf weni­gen Quellen beruhen. In erster Lin­ie stützte sich Tschurtschen­thaler auf seinen Vorgänger als Erforsch­er der Stadt­geschichte, Johann Nepo­muk Tin­khauser (1787−1844), der in seinem 1834 als Manuskript vorgelegten Werk „Geschichtliche Nachricht­en von der k.k. Kreis­stadt Bru­neck und der­sel­ben Umge­bung“ eine erste Auflis­tung der Hausbesitzer/innen in Bru­neck geboten hat­te. Tin­khauser hat­te sich auf zwei Steuerverze­ich­nisse von 1546 und 1700 bezo­gen, die er im Bru­neck­er Stadtarchiv ein­se­hen kon­nte.

Tschurtschen­thaler ergänzte Tin­khausers Dat­en anhand eines Steuerverze­ich­niss­es von 1740, des mariathere­sian­is­chen Katasters, der Aufze­ich­nun­gen des Stadtschreibers Johann Joseph von Tschusy (1665–1744) sowie lan­deskundlich­er Lit­er­atur. Alle weit­eren Forschun­gen kon­nten sich somit auf ein brauch­bares Fun­da­ment stützen.

Anton Sitz­mann reichte 1965 sein „Häuser­buch der Alt­stadt Bru­neck (1780–1964)“ als Dis­ser­ta­tion ein. Er stützte sich im Wesentlichen auf Quellen, die, auf­bauend auf dem mariathere­sian­is­chen Kataster, im späten 18. Jahrhun­dert ein­set­zen (Ver­fach­büch­er ab 1780, Trans­porto­büch­er, Steuerlis­ten ab 1784).

Andrea Zanchin und Peter Auer reicht­en 1992/93 an der Uni­ver­sität Pad­ua ihre Studie „Anal­isi tipo­log­i­ca ed osser­vazioni critiche rel­a­tive agli edi­fi­ci del­la Via Cen­trale di Bruni­co“ ein, in der sie den his­torischen Bestand der Stadthäuser aus architek­turhis­torisch­er Per­spek­tive bew­erteten. Sie stell­ten fest, dass die Alt­stadthäuser in Bru­neck prinzip­iell dicht aneinan­derg­erei­ht errichtet wur­den, was eine Ver­größerung nur durch die rück­seit­ige Ver­längerung möglich machte. Für die Beleuch­tung waren Lichthöfe vorge­se­hen, welche die Häuser in zwei Teile teil­ten. Erst im 19. Jahrhun­dert wären die Häuser, deren Obergeschoß zunächst immer aus Holz war, aufge­stockt wor­den. Das erste Geschoss sei vorher durchge­hend vorkra­gend gewe­sen und habe auf diese Weise dem vor den Häusern aufgeschlichteten Brennholz Schutz vor Regen und Schnee geboten. Im 19. Jahrhun­dert wurde auch damit begonnen, nebeneinan­der ste­hende Häuser zu größeren Ein­heit­en zu verbinden.

Karl Ilg ord­nete die Tirol­er Stadthäuser drei Typen zu: Dem Flurhaus, dem Seit­en­flurhaus und dem Mit­telflurhaus, wobei er das Flurhaus, dessen Erdgeschoss als Durch­gang und ‚Mehrzweck­raum‘ ver­wen­det wurde, als ältesten Haustyp ein­stufte. Andrea Zanchin und Peter Auer ver­wen­den nicht diese Kat­e­gorisierung, son­dern unter­schei­den zwis­chen mehr als fünf Typen, darunter dem Ele­men­to di schiera di pas­so mono­cel­lu­lare, dem Ele­men­to di schiera di pas­so mono­cel­lu­lare incre­men­ta­to, dem Ele­men­to di schiera di pas­so bicel­lu­lare, dem Semi­ele­men­to di lin­ea, dem Ele­men­to di lin­ea und anderen. Das Ele­men­to di schiera di pas­so mono­cel­lu­lare etwa sei von ein­er Fam­i­lie bewohnt gewe­sen, jed­er Stock habe einen einzi­gen Raum (cel­la) mit einem Fen­ster­paar zur Straße hin beherbergt, im Erdgeschoß habe sich ein Geschäft mit einem einzi­gen Ein­gang befun­den. Während der erste Stock als piano nobile diente, habe man den zweite Stock als Schlafraum ver­wen­det.

Zu erwäh­nen ist, dass es für einzelne Häuser spezielle Stu­di­en gibt, etwa die 2022 gedruck­te Hauschronik Ober­ra­gen No. 6 über die Bau- und Besitzergeschichte des „Gassler­haus­es”.

Frak­tio­nen

Der Weil­er Amat­en gegen das Taufer­ertal. Foto: Stadtarchiv Bru­neck.

Mehrere Pub­lika­tio­nen beschäfti­gen sich mit der Geschichte der Häuser und Höfe in den Frak­tio­nen der Stadt­ge­meinde Bru­neck. Eine aus­führliche Besitzergeschichte der Höfe von St. Geor­gen und Giss­bach mit Schwarz-Weiß-Fotografien der Hof­stellen bietet Franz Trey­er im Dorf­buch St. Geor­gen an der Ahr aus dem Jahr 1985 (Seit­en 171−236) an. Das Buch enthält auch einen Lage­plan der „Höfe und Häuser von Giss­bach und St. Geor­gen nach den alten Haus­num­mern” (170). Eine ähn­liche Herange­hensweise zeigt sich in der Pub­lika­tion Dieten­heim: Höfe, Ansitze, Muse­um aus dem Jahr 1981. Auch hier wur­den klas­sis­che Besitzergeschicht­en zusam­mengestellt (chro­nol­o­gis­che Abfolge der Besitzurkun­den), auf welche ein zweites Kapi­tel „Zusam­men­fas­sung der Dat­en bei den einzel­nen Höfen” sowie eine Auflis­tung der Per­so­nen­na­men „bei den Höfen, die in den Schriften unseres Pfar­rar­chives öfters vorkom­men”, fol­gen (Seit­en 57−166). Am Ende des Buch­es ist ein Lage­plan des Dor­fes einge­fügt. Für Ste­gen liegt ein dün­neres Heft vor (1000 Jahre Ste­gen, 1996), das ein ger­afftes Kapi­tel zu den „alten Hof­stellen” bietet (Seit­en 44−54), in welchem jew­eils besitzgeschichtliche Infor­ma­tio­nen enthal­ten sind. Die Festschrift enthält eben­falls einen Plan, in welchem die Lage aller erwäh­n­ten Höfe und Gebäude eingeze­ich­net ist. Eine explizite Höfegeschichte von Reis­chach ste­ht noch aus, auch wenn ein aus­führlich­es und wertvolles Dorf­buch vor­liegt (2006).

Weit­er­führende Lit­er­atur

Bru­neck

  • Sitz­mann Anton, Häuser­buch der Alt­stadt Bru­neck (1780–1964). Diss. Inns­bruck 1965.
  • Stem­berg­er Hubert (Hg.), J. N. Tinkhauser’s Bru­neck­er Chronik 1834. „Geschichtliche Nachricht­en von der k. k. Kreis­stadt Bru­neck und der­sel­ben Umge­bung“. Bozen 1981.
  • Tschurtschen­thaler Paul, Bru­neck­er Heimat­buch. Bozen 1928.
  • Zanchin Andrea / Peter Auer, Anal­isi tipo­log­i­ca ed osser­vazioni critiche rel­a­tive agli edi­fi­ci del­la Via Cen­trale di Bruni­co. Elab­o­ra­to prepara­to per l’e­same di ‘Recu­pero e con­ser­vazione degli edi­fi­ci’, tenu­to dal prof. arch. Pao­lo Maret­to pres­so la facoltà di Ingeg­ne­r­ia civile, Uni­ver­sità di Pado­va. Mano­scrit­to, Anno Acca­d­e­mi­co 1992/93.

Frak­tio­nen

  • Grieß­mair Raimund, Reis­chach. Aus der Geschichte eines Dor­fes, Bru­neck 2007.
  • Kofler Paul/Grießmair Hans/Waibl Gun­ther, Dieten­heim. Höfe − Ansitze − Muse­um, Bru­neck 1981.
  • Komi­tee 1000 Jahre Dieten­heim (Hg.), Dieten­heim 995−1995. Mit Fotos aus Fam­i­lien­al­ben und Beiträ­gen von Hubert Stem­berg­er, Paul Kofler, Ger­traud Egger, Ste­fan Lech­n­er, Dieten­heim 1995.
  • Komi­tee 1000 Jahre Ste­gen (Hg.), 1000 Jahre Ste­gen. Ver­faßt und zusam­mengestellt von Maria Hilber Mutschlech­n­er, Bru­neck 1996.
  • Mit­ter­hofer Michael (Hg.), St. Geor­gen an der Ahr im Spiegel sein­er Geschichte, Dorf­buch, St. Geor­gen 1985.