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Geschichte
Durch den häufigen Standortwechsel des Brunecker Rathauses wurde auch das Archiv Bruneck mehrmals übersiedelt.
Zwischen 1402 und 1546 war es im so genannten Strehle- oder Meusburgerhaus (Stadtgasse 44) untergebracht, dann im angrenzenden Haus Waibl bzw. Harrasserhaus (Stadtgasse 42). Ab 1799 übersiedelte es in das heutige Haus Schönhuber, früher als Turnerkaserne bekannt (Stadtgasse 19). 1857 zog der Magistrat in die Stadtgasse 63 (ehemaliges Amtshaus des Klosters Neustift, im 20. Jahrundert E‑Werk, dann Realgymnasium und Stadtbibliothek). 1874 wurde das Gebäude der heutigen Mittelschule Meusburger errichtet und der Magistrat samt Archiv dorthin verlegt; es folgte ab 1933 ein heute nicht mehr existierendes Gebäude am Graben neben dem Sparkassengebäude (heute befindet sich dort das Gebäude der Banca di Trento e Bolzano).
Im August 1940 wurden Teile des Archivs ins Staatsarchiv Bozen verbracht, der Rest zog 1964 mit der Gemeindeverwaltung in das ehemalige Bräuhaus und „Hotel Europa“ (Lampistraße 4) um. Mitte der Achtziger Jahre wurden die Archivalien im Zuge von Umbauarbeiten vorübergehend im Gebäude der alten Feuerwehrhalle in der Galileo-Galilei-Straße zwischengelagert, bevor sie in den Keller der Gemeindepolizei (Lampistraße 2) kamen. 2004 erfolgte der erneute Umzug der Restbestände des Archivs in das Kellergeschoss des neuen Ratshauses.
2013 hat das Archiv sein vorerst letztes Quartier im Untergeschoss der LibriKa gefunden. Am 7. Juni 2018 fand in der historischen “Trinkstube” der Apotheke von Zieglauer in Bruneck eine Feierstunde aus Anlass der Rückführung des “älteren” Teils des historischen Archivs vom Südtiroler Landesarchiv in das Stadtarchiv Bruneck statt. Siehe dazu: Eine Feierstunde zur Rückkehr des „historischen“ Archivs
Überblickskarte zu den Standorten des Stadtarchivs
(1) Sog. Strehle- oder Meusburgerhaus (Stadtgasse 44), (2) Haus Waibl oder Harrasserhaus (Stadtgasse 42), (3) Haus Schönhuber (Stadtgasse 19), (4) Stadtgasse 63, (5) Gebäude der heutigen Mittelschule “Karl Meusburger”, (6) ehem. Gebäude am Graben, 1966 abgerissen, (a) Schloss Bruneck, (7) ehem. Hotel Europa (Lampistraße 4), (8) alte Feuerwehrhalle (Galileo-Galilei-Straße), (9) Gemeindepolizei (Lampistraße 2), (10) neues Rathaus, (11) LibriKa (Enrico Fermi Straße 6). Foto: Autonome Provinz Bozen-Südtirol, © Orthofoto 2011 by AGEA — agea.gv.it; Bearbeitung: Stadtarchiv Bruneck.
Das Archiv heute
Das Stadtarchiv ist eine räumlich in der „LibriKa“ verortete Einrichtung der Stadtgemeinde Bruneck. Es erfüllt eine Mittelpunktfunktion für die historische Forschung und die Geschichtsvermittlung in der Stadtgemeinde Bruneck. Seine Aufgabe ist es, Vergangenheit zu sichern, zugänglich zu machen, und den Bezug zu ihr jeweils neu zu formulieren, um so die Zukunft zu gestalten.
Das Stadtarchiv kann von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden: von historisch Interessierten, Neugierigen, Schüler/innen, Studierenden, Familienforscher/innen, Hobbyhistoriker/innen, Chronist/innen und professionellen Wissenschaftler/innen.
Zu den wichtigsten Aufgaben des Stadtarchivs gehören:
- Die Erschließung und sachgemäße Pflege des bestehenden historischen Archivs mit seinen Beständen an Urkunden und Akten der Stadtgemeinde Bruneck.
- Die Übernahme, Erschließung und sachgemäße Verwahrung der Verwaltungsakten der Gemeinde Bruneck und die Sammlung archivwürdigen Archivgutes aus privater Hand, von Körperschaften und Vereinen.
- Die Sammlung von audiovisuellen Dokumenten (Fotografien, Druckgraphik, Pläne und Karten, Filme und Videos, Tondokumente, etc.) von historischer Bedeutung.
- Die Stärkung und Förderung des historischen Bewusstseins.
Der Archivstempel
Bemerkenswert ist, dass man vor mehr als hundert Jahren als besonders wertvoll erachtete Archivalien durch die Verwendung eines eigenen Stempels kennzeichnete und sie einem eigenen historischen Archivbereich zuordnete, der von der laufenden Registratur des Verwaltungsarchivs abgegrenzt wurde.
Der Stempelabdruck mit der Umschrift „ARCHIV DER STADT BRUNECK“ und der Darstellung des Stadtwappens begegnet auf mehreren Archivalien im Stadtarchiv, vor allem aber auf Urkunden der Urkundenreihe und auf spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Steuerregistern. Der Stempel wurde vom „Erzherzogl. Kammer-Graveur“ Fritz Marr in Innsbruck (Erlerstraße) geschnitten, am 25. August 1913 liquidierte der Brunecker Bürgermeister Josef Schifferegger die entsprechende Rechnung über 10 Kronen.[1] Vermutlich stammt der Stempel für den Brunecker Museumsverein, der in etwa zur selben Zeit entstanden sein dürfte, ebenfalls aus der Innsbrucker Werkstatt.
Es fällt auf, dass viele Archivalien gestempelt sind, die einen Bezug zur Familie Pacher in Bruneck aufweisen und somit in einen Zusammenhang mit den Künstlerbiographien Michael und Friedrich Pachers gebracht wurden. 1911 wurde im Gemeindeausschuss das Ansuchen des Historikers und Beamten im Innsbrucker Statthalterei-Archiv Karl Moeser (1877–1963) vorgebracht, „im Archive nach Urkunden zu suchen, die über den Künstler Pacher Aufklärungen enthalten.“ In den Jahren um 1910 wurde das städtische Archiv zunächst aufgeräumt. 1914 hielt sich Moeser selbst in Bruneck auf und beschäftigte sich mit der fachmännischen Ordnung der Bestände „ohne jede Entschädigung“, wie aus den Protokollen des Gemeindeausschusses hervorgeht. Und tatsächlich wurde der „Stempel für das Archiv“ nach „Angaben v. Herrn Dr. Möser“ gefertigt, wie der Rechnung des Graveurs zu entnehmen ist.
Ob Moesers Arbeiten bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges abgeschlossen werden konnten, ist in den Ausschuss-Protokollen nicht erwähnt.
Zum Weiterlesen
- Christine Roilo, Das Brunecker Stadtarchiv und seine Bestände, in: Stefan Lechner (Hg.), Der lange Weg in die Moderne. Geschichte der Stadt Bruneck 1800–2006, Innsbruck 2006, 395–420.
- Andreas Oberhofer, Kommunale Erinnerung zwischen Forschung und Event: Ein Bericht über Idealvorstellungen und tägliche Realität im Stadtarchiv Bruneck, in: Philipp Tolloi (Hg.), Archive in Südtirol. Geschichte und Perspektiven / Archivi in Provincia di Bolzano. Storia e prospettive (Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 45), Innsbruck 2018, 247–269.
- Vortrag von Andreas Oberhofer im Rahmen der Feier zur Rückkehr des älteren Teils des historischen Archivs nach Bruneck am 7. Juli 2019: Link und Download (pdf-Datei)
- Vortrag von Andreas Oberhofer über die älteren Bestände des Stadtarchivs am 23. Jänner 2020: pdf-Datei (Text); pdf-Datei (Abbildungen).
[1] Stadtarchiv Bruneck, Magistratsakten Serie VII D (Stadtkammerfond: Belege), Nr. 27, Stück 281.