Eine kurze Geschichte der Stadt

Vorgeschichte

Wann das west­liche Puster­tal erst­mals besiedelt wurde, ist trotz einiger Einzel­funde aus der Jung­steinzeit nicht genau fest­stell­bar. Genauere Infor­ma­tio­nen liefern spät­ne­olithis­che Steingeräte, die 1975 auf der Son­nen­burg bei St. Loren­zen gefun­den wur­den. Sie reichen in die Kupfer- und Bronzezeit zurück, ab etwa 1700–1500 v. Chr. kann mit ein­er dauern­den Besied­lung des west­lichen Puster­tales gerech­net wer­den.

Die Funde im Gemein­dege­bi­et von Bru­neck beschränken sich auf wenige vorgeschichtliche Fund­stät­ten, zu nen­nen sind vor allem die soge­nan­nten Pipen und Buen­land ober­halb des Schieß­s­tandes.

Die Pipen am Berghang ober­halb von St. Geor­gen sind zwei bewaldete Morä­nenkup­pen, die deut­liche Sied­lungsspuren mit Mauer­resten und Resten eines Stein­walles aufweisen. Die Besiedelung hat hier bere­its in der frühen Bronzezeit begonnen. Der soge­nan­nte Buen­land-Bühel ist eine bewaldete Höhe im Osten des Bru­neck­er Talkessels, auf der in den 70er Jahren des 20. Jahrhun­derts eine Sied­lung mit Haus­resten, Herd­stellen und gepflasterten Fußbö­den ent­deckt und sys­tem­a­tisch aus­ge­graben wurde. Diese Sied­lung gehört der spätvor­römis­chen Zeit an und wurde ver­mut­lich um die Zeit­en­wende (um Christi Geburt) aufge­lassen.

Römerzeit

In den Jahren 16 und 15 v. Chr. beset­zten die Römer fast das ganze Alpenge­bi­et. Das Puster­tal wurde als Teil der Prov­inz Norikum in ihr Imperi­um eingegliedert, während ein großer Teil des übri­gen Alpenge­bi­etes in den Prov­inzen Rae­tia I und Rae­tia II zusam­menge­fasst wurde. Die einge­sessene Bevölkerung leis­tete den Römern, die Straßen und Brück­en baut­en und Straßen­sta­tio­nen anlegten, kaum Wider­stand.  Es ent­standen die man­siones (Rast­stät­ten, Her­ber­gen) Seba­tum (bei St. Loren­zen) und Lit­ta­mum (wahrschein­lich bei Innichen). Auf dem Gebi­et der Stadt­ge­meinde Bru­neck ist von der Römerzeit nicht viel zu spüren, da sich wie die vorzeitliche auch die römis­che Besied­lung fast auss­chließlich auf St. Loren­zen beschränk­te.

Durch das Puster­tal ver­lief eine römis­che Heer­esstraße, die Via Clau­dia Augus­ta Alti­nate, die von Aquileia kom­mend in das Drautal führte, Agun­tum, Lit­ta­mum und Seba­tum passierte und weit­er nach West­en ver­lief. Mehrere Meilen­steine find­en sich ent­lang der Straße, über deren Ver­lauf auf dem heuti­gen Stadt­ge­bi­et von Bru­neck gibt es unter­schiedliche Mei­n­un­gen.

Frühmittelalter

Das Puster­tal gehörte in der Zeit des frühen Chris­ten­tums zum Bis­tum Agun­tum. Schon früh gab es wahrschein­lich ein bedeu­ten­des kirch­lich­es Zen­trum in St. Loren­zen, das nach der Zer­störung von Agun­tum im 7. Jahrhun­dert und der Zer­störung der Kirche von Lavant sog­ar vorüberge­hend als Bischof­s­sitz fungiert haben kön­nte.

Im Lauf des 6. und 7. Jahrhun­derts wur­den das untere und mit­tlere Puster­tal von Bajuwaren aus dem nördlichen Alpen­vor­land besiedelt, die sich zunehmend mit der ansäs­si­gen Bevölkerung, den soge­nan­nten Lati­ni, ver­mis­cht­en. Im 8. und 9. Jahrhun­dert dürften die Dör­fer Dieten­heim, Aufhofen, St. Geor­gen, Tes­sel­berg, Grein­walden, Iss­ing, Fass­ing und Ragen ent­standen sein. Gle­ichzeit­ig mit dem Vor­drin­gen der Bajuwaren gegen Osten kam es zu mehreren slaw­is­chen Ein­fällen in das ehe­mals norische Gebi­et: In das Puster­tal drangen die Wen­den ein, die aber von Her­zog Tas­si­lo I. besiegt wur­den, der die Ost­gren­ze seines Her­zog­tumes sich­ern kon­nte.

Her­zog Tas­si­lo III. kon­nte 769 in Innichen ein Benedik­tin­erk­loster erricht­en. Im 10. und 11. Jahrhun­dert bildete sich die „Graf­schaft im Puster­tal“ her­aus, die im Jahr 1091 Bischof Altwin von Brix­en, der bere­its ein Urbaramt in Aufhofen betrieb, als Lehen übergeben wurde. Zwis­chen 995 und 1005 über­gab eine Frau Sua­nahilt dem Bischof Albuin und seinem Vogt Engildeo die Sied­lung Ragou­va (Ragen). Diese bestand aus ein­er größeren Zahl von Höfen, die in den Ort­steilen Ober‑, Außer- und Unter­ra­gen lagen.

Die Stadtgründung

Der Kün­stler Josef Rain­er stellte die Grün­dung der Stadt Bru­neck (die Aus­fer­ti­gung ein­er Ver­lei­hung­surkunde des Stadtrechts und die Bauar­beit­en) in der Form ein­er Gruppe kle­in­fig­uriger mit­te­lal­ter­lich­er Men­schen aus glasiert­er Keramik dar, die in eine Büh­ne­nar­chitek­tur, die den orig­i­nalen Schau­platz repräsen­tieren soll, eingestellt ist. Das Werk ist derzeit im Ein­gangs­bere­ich des Rathaus­es aus­gestellt.

Der Bischof set­zte Vögte zur Ver­wal­tung sein­er Gebi­ete ein, 1209 gin­gen diese Vogteien von den Grafen von Andechs (auch Her­zoge von Meranien) an die Grafen von Tirol über. Graf Albert von Tirol erbte die Gebi­ete im Inntal und Puster­tal, und während sein­er Vogtei grün­dete der Brix­en­er Fürst­bischof Bruno, Graf von Kirch­berg (1250–1288)[1], die Stadt Bru­neck, die am 26. Okto­ber 1256 erst­mals urkundlich erwäh­nt ist (fac­ta est autem hec dona­tio aput Bruneke anno Domi­ni m cc lvi indic­tione xii­ii vii kalen­das novem­bris).

Bruno ver­legte sein Ver­wal­tungszen­trum aus Aufhofen in die neu gegrün­dete Stadt, die auch ein Gegengewicht zu St. Loren­zen war, das als kirch­lich­es Zen­trum, durch das nahegele­gene Gericht Michels­burg und das bekan­nte Benedik­tiner­in­nen­s­tift Son­nen­burg für die Tirol­er Grafen von Bedeu­tung war. Auf ein­er Fel­snase ließ Bruno die kleine Burg Bru­neck erricht­en, zugle­ich begann er mit der Anlage ein­er Stadt am Fuß des Schloss­berges.

Graf Albert von Tirol ver­starb 1253 ohne männliche Erben, der südliche Teil des Lan­des ging an Mein­hard (I.) von Görz über. Nach dem Tod Mein­hards kam sein Sohn Mein­hard II. 1258 zur Herrschaft, der sich auch den nördlichen Teil des Lan­des aneignen kon­nte, seinem Brud­er Albert aber das Puster­tal und die östlich gele­ge­nen Görz­er Gebi­ete abtreten musste. Die entste­hende Stadt Bru­neck, einige kleine Gerichte und Besitzun­gen macht­en eine eigene poli­tisch-wirtschaftliche Entwick­lung durch, da sie unter der Herrschaft des Bischofs verblieben und von dessen Beamten ver­wal­tet wur­den.

Befestigung und Ausbau

Im Jahr 1305 bot Bischof Johannes (Sax) von Brix­en fün­fzehn Bürg­ern der jun­gen Stadt Bru­neck Steuer­erle­ichterung an, sofern sie sich bere­it erk­lärten, den von Bischof Bruno begonnenen Bau der Ring­mauer zu vol­len­den. 1309 wird Jakob der Traut­son als wahrschein­lich erster Burghaupt­mann auf Schloss Bru­neck genan­nt.

Alte Stadtmauer 3

Die alte Stadt­mauer.

Die Stadt bestand ursprünglich aus zwei Häuser­rei­hen, die sich an den Schloss­berg schmiegten; dieser Grun­driss war von Anfang an fest­gelegt. 1336 wur­den unter Bischof Albert von Enn die Stadt­mauern und der Stadt­graben vol­len­det. Es gab nun 90 Häuser, die die einzige Stadt­gasse säumten, und einen großen Platz am Wes­t­ende. Die Stadt war in sechs Vier­tel eingeteilt, wobei das erste vom Ragen­tor an der Schloss­berg­seite bis zum ehe­ma­li­gen Gerichts­ge­bäude (heute Meus­burg­er­haus) reichte, das zweite bis zum unteren Tor (Ursu­li­nen­tor), das dritte an der gegenüber­liegen­den Seite vom Tor bis zur Flo­ri­an­i­gasse, das vierte wieder bis zum Ragen­tor. Ober­ra­gen und Außer­ra­gen bilde­ten eigene Vier­tel. Die Vier­tel wur­den durch die Viertelmeis­ter ver­wal­tet, die durch den Stad­trat bestellt wur­den. Es gab drei große Brun­nen und die zuge­höri­gen Wasser­leitun­gen.

1370 erhielt die Stadt die Frei­heit eines Wochen­mark­tes und 1371 die Hohe Gerichts­barkeit (Blut­gericht) durch Kaiser Karl IV. ver­liehen.

Spätmittelalter

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Die Rainkirche.

Die erste Kirche inner­halb der Stadt­mauern von Bru­neck, die Rainkirche, wurde durch den Bru­neck­er Bürg­er Niklas Stuck unter­halb des Schloss­es errichtet. Sein Brud­er Hein­rich stiftete 1358, wahrschein­lich wegen der grassieren­den Pest, das Stadt­spi­tal mit zuge­höriger Kirche, das in den fol­gen­den Jahren erbaut und vor allem durch die Fam­i­lie Söll durch eine Stiftung finanziell aus­ges­tat­tet wurde.

Bru­neck gehörte in kirch­lich­er Hin­sicht seit sein­er Grün­dung zur Pfarre St. Loren­zen. 1369 schlossen die Bürg­er der Stadt mit dem dor­ti­gen Pfar­rer einen Ver­trag, wonach sie bei der Kirche in Ragen einen Widum erbauen woll­ten, um vier Priester in der Stadt zu hal­ten, die für die seel­sorg­erischen Belange zuständig sein soll­ten. Diese Kirche zu „unser­er lieben Frau“ wird 1334 erst­mals erwäh­nt, es muss sie aber bere­its früher gegeben haben, da der Fried­hof durch einen Grab­stein aus dem Jahr 1300 bezeugt ist.

Gegen Ende des 14. Jahrhun­derts gab es in Bru­neck bere­its sechs Priester, die sich im Widum aufhal­ten durften. Bischof Ulrich Putsch erlaubte den Bru­neck­ern den Bau ein­er Kapelle zur Heili­gen Dreifaltigkeit, bei der es sich um die spätere Neukirche han­deln kön­nte; diese, die heutige Klosterkirche der Ursu­li­nen, wurde jeden­falls um 1427 als „Neukirche“ erbaut.

Ursulinenkloster

Das Ursu­li­nen­kloster.

Weit­ers gab es eine Kapelle, die an die Sakris­tei der Frauenkirche ange­baut war, sowie eine Kapelle zu Ehren des heili­gen Sebas­t­ian. Diese wurde auch namensgebend für eine Sebas­tians-Brud­er­schaft, die sich haupt­säch­lich um Arme und Kranke küm­merte. Bei­de Kapellen wur­den im Zuge des Neubaus der Pfar­rkirche 1789 abge­tra­gen.

Seit 1430 und bis 1519 ist in Bru­neck die orden­sähn­liche Gemein­schaft der Begi­nen (Begut­ten oder Betschwest­ern) urkundlich nach­weis­bar. Diese Gruppe wohnte in einem eige­nen Haus in der „Peunte“ und küm­merte sich vor allem um kranke Mitbürger*innen.

Im späten Mit­te­lal­ter ent­stand die Puster­taler Malschule, zu deren Grün­dern der Maler Hans von Bru­neck gehörte, und in der Michael und Friedrich Pach­er aus­ge­bildet wur­den. Michael Pach­er (ca. 1435–1498) betrieb danach eine Werk­statt in der Bru­neck­er Alt­stadt, die zu ein­er der renom­miertesten des gesamten Alpen­raumes wurde.

Frühe Neuzeit

In der Zeit der Bauernkriege (1525) über­nahm Erzher­zog Fer­di­nand zunächst den Schutz des Hochs­tiftes Brix­en und somit auch der Stadt Bru­neck gegenüber den revoltieren­den „Bauern“ (nach dem Tod des Leon­hard von Görz waren die Gerichte im Puster­tal im Jahr 1500 an das Haus Hab­s­burg überge­gan­gen). Der Stadtherr (der Bischof) nahm danach in der Stadt Quarti­er, ver­starb aber in seinem Amt­shaus. Obwohl die Stadt von Brand­schatzun­gen ver­schont blieb, schaffte es das lutherisch-refor­ma­torische Gedankengut, bei den Bürg­ern Auf­nahme zu find­en. Als aber die Bru­neck­er in den 1560er Jahren began­nen, deutsche Kirchen­texte zu rez­i­tieren und das Abendmahl in zweier­lei Gestalt zu verabre­ichen, wur­den sie aus Brix­en schw­er gerügt. Mehrere Vis­i­ta­tio­nen förderten in der Folge unge­hor­same Geistliche und missliebige Schriften zutage.

Nach ver­schiede­nen Kla­gen der Bru­neck­er Bürg­er gegen den Pfar­rer von St. Loren­zen wurde die Stadt durch eine Urkunde von Bischof Christoph Andreas von Brix­en 1610 eine eigene Pfar­rei, Johann Här­lin wurde erster Pfar­rer in der Stadt. Allmäh­lich set­zte sich auch die Beze­ich­nung „Pfar­rkirche“ für die Liebfrauenkirche in Ober­ra­gen durch. 1626 siedel­ten sich in Bru­neck die Kapuzin­er an.

1723 kam es zu einem ver­heeren­den Brand, in dem ein großer Teil der Stadt zer­stört wurde. 1741 wurde gegen hefti­gen Wider­stand der Bürg­er­schaft und des Stad­trates das Ursu­li­nen­kloster in Bru­neck gegrün­det.

Am 6. März 1803 wurde die Herrschaft des Bischofs offiziell aufge­hoben, und Kaiser Franz I./II. über­nahm die Gebi­ete des Fürsten­tums Brix­en als Besitz.

Die Zeit der napoleonischen Kriege

1797, nach der Schlacht von Spinges, bewegten sich die franzö­sis­chen Trup­pen in Tirol durch das Puster­tal Rich­tung Osten, wo sie sich mit der Haup­tarmee vere­inen woll­ten. Die hier ansäs­si­gen Land­stürmer ver­sam­melten sich in Bru­neck, von wo sie eine Abor­d­nung nach Mühlbach schick­ten. Diese erhielt dort die Zusicherung, dass Puster­taler Per­so­n­en und ihr Eigen­tum kein­er­lei Schaden nehmen wür­den. Franzö­sis­che Offiziere wur­den danach für eine Nacht in Bru­neck ein­quartiert, während die Trup­pen auf den umliegen­den Feldern lagerten.

1809 unter­stand das Puster­tal dem bay­erischen Gen­er­alkreiskom­mis­sar Johann Georg von Aretin, sein Stel­lvertreter in Bru­neck war Johann Theodor von Hof­stet­ten. Nach der Kriegserk­lärung Öster­re­ichs an Frankre­ich und seine Ver­bün­de­ten am 9. April 1809 und dem Ein­rück­en der öster­re­ichis­chen Trup­pen im Puster­tal set­zte der öster­re­ichis­che Inten­dant Joseph von Hor­mayr den Lan­dess­chützen­ma­jor Philipp von Wörn­dle als Vize-Inten­dan­ten im Puster­tal ein. Am 20. Mai kam Andreas Hofer, der sich inzwis­chen zum Oberkom­man­dan­ten über alle Schützen und Land­stürmer gemacht hat­te, per­sön­lich nach Bru­neck, um den Feld­marschall Chastel­er zu überzeu­gen, mit ihm gegen Inns­bruck zu marschieren.

Im Juli 1809 wurde der Waf­fen­still­stand bei Znaim geschlossen, und Chastel­er, der sich anschick­te, das Puster­tal zu ver­lassen, bestellte den k.k. Haupt­mann Stein­er zum Oberkom­man­dan­ten im Puster­tal. Anton Ste­ger führte die Bru­neck­er Schützenkom­panie an, am 31. Juli wurde er von Hofer zum Bevollmächtigten im Puster­tal ernan­nt. Nach den ersten drei Ber­gisel-Gefecht­en wurde am 14. Okto­ber 1809 der Friede von Schön­brunn geschlossen, in welchem Tirol wieder an die Siegermächte abge­treten wer­den musste.

Nach Unruhen im Puster­tal zog am 1. Novem­ber der franzö­sis­che Gen­er­al Rus­ca in Lienz ein und marschierte von dort Rich­tung West­en — am Ber­gisel wur­den am gle­ichen Tag die Tirol­er besiegt, die Bay­ern zogen wieder in Inns­bruck ein. Am 5. Novem­ber kam Rus­ca in Bru­neck an, bei Gais fand an diesem Tag ein Gefecht statt. In der Folge kon­nten sich die Fran­zosen bis zur Mühlbach­er Klause durchkämpfen und diese auch ein­nehmen.

Die Bewohn­er der umliegen­den Dör­fer, die bere­its am 30. Novem­ber mit der Beschießung der Stadt Bru­neck begonnen hat­ten, beschlossen, sie am 2. Dezem­ber anzu­greifen. Es kam zu einem stun­den­lan­gen Kampf auf den Rien­zfeldern, die Land­stürmer drangen zunächst bis zum Graben vor, danach aber egrif­f­en sie die Flucht. Die Schützen hat­ten in Per­cha ein Haup­tquarti­er ein­gerichtet, von wo aus sie am 3. Dezem­ber die Fran­zosen zur Über­gabe der Stadt auf­forderten.

Scan Doc 1809-1_red

Schreiben aus dem “Haup­tquarti­er” Per­cha an den Stadt­mag­is­trat Bru­neck mit der Auf­forderung zur Über­gabe, 3. Dezem­ber 1809. Stadtarchiv Bru­neck, Mag­is­trat­spro­tokolle 1809. Foto: Stadtarchiv Bru­neck.

Die Fran­zosen lehn­ten diese Auf­forderung ab. Als Gen­er­al Broussier mit 6000 Mann in Bru­neck ein­marschierte, hat­te er auf seinem Weg durch das Puster­tal von Lienz aus bere­its zahlre­iche Exem­pel sta­tu­iert und teil­weise unbeteiligte Men­schen erschießen lassen. Die Kämpfe um die Stadt Bru­neck im Dezem­ber 1809 forderten ins­ge­samt 62 Men­schen­leben.

Nach dem Auf­s­tand von 1809 wurde das Puster­tal wieder dem Kön­i­gre­ich Bay­ern ein­ver­leibt. Im Sep­tem­ber 1813 kam es zu neuer­lichen Auseinan­der­set­zun­gen, als Fran­zosen in die Stadt Bru­neck ein­drangen und Quarti­er nah­men. Am 3. Okto­ber trafen Fran­zosen und Öster­re­ich­er aufeinan­der, das Geplänkel blieb aber ohne Entschei­dung. Am fol­gen­den Tag rück­ten die Öster­re­ich­er in Bru­neck ein, im Som­mer 1814 wurde das ganze Land Tirol schließlich an Öster­re­ich zurück­gegeben.

Bru­neck hat­te in der Zeit der napoleonis­chen Kriege vor allem unter der vier­ma­li­gen feindlichen Besatzung zu lei­den und musste teil­weise hohe Schulden aufnehmen.

Das „lange“ 19. Jahrhundert

Um 1800 war Bru­neck ein kleines Land­städtchen mit ca. 1900 Ein­wohn­ern. 1815 wurde das Kreisamt endgültig nach Bru­neck ver­legt, 1819 eine neue Gemein­de­ord­nung einge­führt. Seit 1849 bestand die Gefürstete Graf­schaft Tirol nur mehr aus drei Kreisen; die spätere Bezirk­shaupt­mannschaft Bru­neck (ab 1868) gehörte mit den Gerichts­bezirken Bru­neck, Taufers, Enneberg, Buchen­stein, Wels­berg und Ampez­zo zum Brixn­er Kreis.

1835 wird erst­mals eine „Bürg­er­garde“ in Bru­neck erwäh­nt, an deren Spitze eine „schön uni­formierte Musik­bande“ marschierte. 1842 wurde der „Vere­in zum gesel­li­gen Vergnü­gen“ oder „Kasi­no-Vere­in“ zum zweit­en Mal (nach 1829) ins Leben gerufen, ein lit­er­arisch­er Zirkel, der sich im Gasthof „Zum Gold­e­nen Stern“ zu lit­er­arischen und musikalis­chen Aben­den und zum The­ater­spiel traf. 1843 wurde der gebür­tige Inns­bruck­er Her­mann von Gilm nach Bru­neck ver­set­zt, ein bere­its damals bekan­nter Dichter, der am Kreis­gericht beschäftigt war. Das kul­turelle Leben, das sich in Bru­neck ent­fal­tete, brachte der Stadt zeitweise den Ehren­ti­tel „Klein-Weimar“ ein. 1850 wurde die Stadtp­far­rkirche im his­toris­tisch-neu­ro­man­is­chen Stil neu errichtet, wobei der bis in das Mit­te­lal­ter zurück­re­ichende Vorgänger­bau fast zur Gänze abge­tra­gen wurde. Wichtig­ste Spur der Grün­derzeit in Bru­neck sind mehrere Baut­en am Graben, der Anfang des 19. Jahrhun­derts aufgeschüt­tet und zur Flanier­meile und zum Mark­t­platz umfunk­tion­iert wurde.

1863 wurde in Bru­neck eine Frei­willige Feuer­wehr gegrün­det, 1871 wurde der Betrieb der Eisen­bahn­strecke Lienz-Franzens­feste aufgenom­men. Johann Georg Mahl grün­dete 1870 den Stadtver­schönerungs-Vere­in und war auch Mit­be­grün­der der Sek­tion Bru­neck des Deutschen und Öster­re­ichis­chen Alpen­vere­ins. 1895 wurde ein Schutzhaus auf dem Kro­n­platz feier­lich eingewei­ht.

Die Über­schwem­mung von 1882 war eine Katas­tro­phe für die Stadt. Die Bäche zu bei­den Seit­en des Haupt­tales schwollen im Sep­tem­ber durch lang anhal­tende Regen­fälle an und ris­sen Schutt, Geröll und ganze Bäume mit sich in die Tiefe. Am 16. Sep­tem­ber waren in kürzester Zeit im ganzen Puster­tal alle Verbindun­gen unter­brochen, die Straßen unpassier­bar, die Eisen­bahn­strecke war an vie­len Stellen unter­spült. In der Stadt selb­st wur­den Häuser, Werk­stät­ten und Fut­ter­häuser zer­stört.

Im Sep­tem­ber 1886 fan­den in der Umge­bung von Bru­neck soge­nan­nte „Kaiser­manöver“ statt, bei denen die im Jahr 1880 durch den Bru­neck­er Stadtver­schönerungsvere­in errichtete „Kaiser­warte“ am Küh­ber­gl als Aus­sicht­spunkt ver­wen­det wurde, ein 18 Meter hoher Turm, von dem aus Kaiser Franz Joseph I. und die Erzherzöge die Bewe­gun­gen der Trup­pen gut überblick­en kon­nten.

Bruneck im 20. Jahrhundert

Am 5. Dezem­ber 1903 bran­nte zum ersten Mal elek­trisches Licht in den Häusern der Stadt. Mit der Energie des Städtis­chen Elek­triz­itätswerkes wurde auch die 1907-08 erbaute Lokalbahn Bru­neck-Sand in Taufers 1908 in Betrieb genom­men.

Im Ersten Weltkrieg war Bru­neck eine wichtige Drehscheibe für die nicht weit ent­fer­nte Dolomiten­front, was sich vor allem durch die starke Präsenz von Mil­itär in der Stadt bemerk­bar machte. Umgekehrt mussten sehr viele junge Män­ner zum Kriegs­di­enst ein­rück­en, doch schon bald griff man auch auf ältere Jahrgänge zurück, die die großen Ver­luste in Gal­izien (1914/1915) kom­pen­sieren mussten. In Bru­neck wur­den ein Etap­penkom­man­do und drei Lazarette ein­gerichtet. 1915 wurde am Küh­ber­gl im Süden der Stadt ein eigen­er Fried­hof für die Sol­dat­en und Kriegs­ge­fan­genen angelegt. Nach dem Waf­fen­still­stand 1918 beset­zten ital­ienis­che Sol­dat­en die Stadt, ital­ienis­che Beamte über­nah­men die Ver­wal­tung.

Als im Jahr 1922 Ben­i­to Mus­soli­ni mit sein­er faschis­tis­chen Partei die Regierung in Ital­ien über­nahm, begann Ettore Tolomei mit seinem Pro­gramm der Ent­na­tion­al­isierung in Südtirol. Am Bru­neck­er Kapuzin­er­platz wurde ein Mon­u­ment zu Ehren der im Äthiopi­en-Krieg einge­set­zten Divi­sione Pus­te­ria der Alpi­ni aufgestellt. Das Ensem­ble rund um dieses Denkmal, das in der Folge öfters Ziel von Sprengstoff- und Far­bat­tack­en war, ist das wichtig­ste Zeug­nis faschis­tis­ch­er Architek­tur im mit­tleren Puster­tal. Von der im Volksmund „Kapuzin­er-Wastl“ genan­nten Stat­ue ist heute nur noch ein Tor­so auf einem großen Steinsock­el erhal­ten.

In den let­zten Jahren und Monat­en des Zweit­en Weltkrieges (1939–1945) wurde Bru­neck einige Male von Fliegerbomben getrof­fen.

Alpinidenkmal Graffito

Graf­fi­ti in der Hin­ter­gasse.

In der Nachkriegszeit erholte sich die Stadt wirtschaftlich sehr schnell. Der Frem­den­verkehr nahm eben­so wie die Bautätigkeit zu, die Ein­wohn­erzahl stieg rapi­de an. Das Kul­turleben wurde durch einen „Vere­in für Kul­tur und Heimatpflege“, die Grün­dung der Sek­tion Bru­neck des Südtirol­er Alpen­vere­ins, eine neue Bürg­erkapelle und die Wieder­errich­tung des Schul­we­sens, die Ein­rich­tung ein­er Musikschule und die Insti­tu­tion­al­isierung der Erwach­se­nen­bil­dung angeregt. Weit­ers wur­den ver­schiedene Sportvere­ine gegrün­det und die dazu gehörende Infra­struk­tur gebaut. 1963 nahm die Kro­n­platzbahn ihren Betrieb auf, was Bru­neck und Reis­chach zu Zen­tren des Win­ter­sports wer­den ließ.

Anmerkung

  • [1] Das Attrib­ut „von Wul­len­stet­ten“ bzw. „von Bul­len­stät­ten“, das sich in der Lit­er­atur häu­fig find­et und auch auf dem Fresko am Unter­rain­er­tor dem Bischof zugewiesen ist („Graf von Bul­len­stät­ten u Kirch­berg in Schwaben“), ist nicht zutr­e­f­fend. Vgl. Philipp Jedel­hauser, Die Abstam­mung von Bischof Bruno von Brix­en, Graf von Kirch­berg (Iller) mit Exkurs zu Gräfin Mathilde von Andechs, Ehe­frau von Graf Engel­bert III. von Görz und Mut­ter von Graf Mein­hard III., Krum­bach 2016, 17–19.