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Vorgeschichte
Wann das westliche Pustertal erstmals besiedelt wurde, ist trotz einiger Einzelfunde aus der Jungsteinzeit nicht genau feststellbar. Genauere Informationen liefern spätneolithische Steingeräte, die 1975 auf der Sonnenburg bei St. Lorenzen gefunden wurden. Sie reichen in die Kupfer- und Bronzezeit zurück, ab etwa 1700–1500 v. Chr. kann mit einer dauernden Besiedlung des westlichen Pustertales gerechnet werden.
Die Funde im Gemeindegebiet von Bruneck beschränken sich auf wenige vorgeschichtliche Fundstätten, zu nennen sind vor allem die sogenannten Pipen und Buenland oberhalb des Schießstandes.
Die Pipen am Berghang oberhalb von St. Georgen sind zwei bewaldete Moränenkuppen, die deutliche Siedlungsspuren mit Mauerresten und Resten eines Steinwalles aufweisen. Die Besiedelung hat hier bereits in der frühen Bronzezeit begonnen. Der sogenannte Buenland-Bühel ist eine bewaldete Höhe im Osten des Brunecker Talkessels, auf der in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Siedlung mit Hausresten, Herdstellen und gepflasterten Fußböden entdeckt und systematisch ausgegraben wurde. Diese Siedlung gehört der spätvorrömischen Zeit an und wurde vermutlich um die Zeitenwende (um Christi Geburt) aufgelassen.
Römerzeit
In den Jahren 16 und 15 v. Chr. besetzten die Römer fast das ganze Alpengebiet. Das Pustertal wurde als Teil der Provinz Norikum in ihr Imperium eingegliedert, während ein großer Teil des übrigen Alpengebietes in den Provinzen Raetia I und Raetia II zusammengefasst wurde. Die eingesessene Bevölkerung leistete den Römern, die Straßen und Brücken bauten und Straßenstationen anlegten, kaum Widerstand. Es entstanden die mansiones (Raststätten, Herbergen) Sebatum (bei St. Lorenzen) und Littamum (wahrscheinlich bei Innichen). Auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Bruneck ist von der Römerzeit nicht viel zu spüren, da sich wie die vorzeitliche auch die römische Besiedlung fast ausschließlich auf St. Lorenzen beschränkte.
Durch das Pustertal verlief eine römische Heeresstraße, die Via Claudia Augusta Altinate, die von Aquileia kommend in das Drautal führte, Aguntum, Littamum und Sebatum passierte und weiter nach Westen verlief. Mehrere Meilensteine finden sich entlang der Straße, über deren Verlauf auf dem heutigen Stadtgebiet von Bruneck gibt es unterschiedliche Meinungen.
Frühmittelalter
Das Pustertal gehörte in der Zeit des frühen Christentums zum Bistum Aguntum. Schon früh gab es wahrscheinlich ein bedeutendes kirchliches Zentrum in St. Lorenzen, das nach der Zerstörung von Aguntum im 7. Jahrhundert und der Zerstörung der Kirche von Lavant sogar vorübergehend als Bischofssitz fungiert haben könnte.
Im Lauf des 6. und 7. Jahrhunderts wurden das untere und mittlere Pustertal von Bajuwaren aus dem nördlichen Alpenvorland besiedelt, die sich zunehmend mit der ansässigen Bevölkerung, den sogenannten Latini, vermischten. Im 8. und 9. Jahrhundert dürften die Dörfer Dietenheim, Aufhofen, St. Georgen, Tesselberg, Greinwalden, Issing, Fassing und Ragen entstanden sein. Gleichzeitig mit dem Vordringen der Bajuwaren gegen Osten kam es zu mehreren slawischen Einfällen in das ehemals norische Gebiet: In das Pustertal drangen die Wenden ein, die aber von Herzog Tassilo I. besiegt wurden, der die Ostgrenze seines Herzogtumes sichern konnte.
Herzog Tassilo III. konnte 769 in Innichen ein Benediktinerkloster errichten. Im 10. und 11. Jahrhundert bildete sich die „Grafschaft im Pustertal“ heraus, die im Jahr 1091 Bischof Altwin von Brixen, der bereits ein Urbaramt in Aufhofen betrieb, als Lehen übergeben wurde. Zwischen 995 und 1005 übergab eine Frau Suanahilt dem Bischof Albuin und seinem Vogt Engildeo die Siedlung Ragouva (Ragen). Diese bestand aus einer größeren Zahl von Höfen, die in den Ortsteilen Ober‑, Außer- und Unterragen lagen.
Die Stadtgründung
Der Künstler Josef Rainer stellte die Gründung der Stadt Bruneck (die Ausfertigung einer Verleihungsurkunde des Stadtrechts und die Bauarbeiten) in der Form einer Gruppe kleinfiguriger mittelalterlicher Menschen aus glasierter Keramik dar, die in eine Bühnenarchitektur, die den originalen Schauplatz repräsentieren soll, eingestellt ist. Das Werk ist derzeit im Eingangsbereich des Rathauses ausgestellt.
Der Bischof setzte Vögte zur Verwaltung seiner Gebiete ein, 1209 gingen diese Vogteien von den Grafen von Andechs (auch Herzoge von Meranien) an die Grafen von Tirol über. Graf Albert von Tirol erbte die Gebiete im Inntal und Pustertal, und während seiner Vogtei gründete der Brixener Fürstbischof Bruno, Graf von Kirchberg (1250–1288)[1], die Stadt Bruneck, die am 26. Oktober 1256 erstmals urkundlich erwähnt ist (facta est autem hec donatio aput Bruneke anno Domini m cc lvi indictione xiiii vii kalendas novembris).
Bruno verlegte sein Verwaltungszentrum aus Aufhofen in die neu gegründete Stadt, die auch ein Gegengewicht zu St. Lorenzen war, das als kirchliches Zentrum, durch das nahegelegene Gericht Michelsburg und das bekannte Benediktinerinnenstift Sonnenburg für die Tiroler Grafen von Bedeutung war. Auf einer Felsnase ließ Bruno die kleine Burg Bruneck errichten, zugleich begann er mit der Anlage einer Stadt am Fuß des Schlossberges.
Graf Albert von Tirol verstarb 1253 ohne männliche Erben, der südliche Teil des Landes ging an Meinhard (I.) von Görz über. Nach dem Tod Meinhards kam sein Sohn Meinhard II. 1258 zur Herrschaft, der sich auch den nördlichen Teil des Landes aneignen konnte, seinem Bruder Albert aber das Pustertal und die östlich gelegenen Görzer Gebiete abtreten musste. Die entstehende Stadt Bruneck, einige kleine Gerichte und Besitzungen machten eine eigene politisch-wirtschaftliche Entwicklung durch, da sie unter der Herrschaft des Bischofs verblieben und von dessen Beamten verwaltet wurden.
Befestigung und Ausbau
Im Jahr 1305 bot Bischof Johannes (Sax) von Brixen fünfzehn Bürgern der jungen Stadt Bruneck Steuererleichterung an, sofern sie sich bereit erklärten, den von Bischof Bruno begonnenen Bau der Ringmauer zu vollenden. 1309 wird Jakob der Trautson als wahrscheinlich erster Burghauptmann auf Schloss Bruneck genannt.
Die Stadt bestand ursprünglich aus zwei Häuserreihen, die sich an den Schlossberg schmiegten; dieser Grundriss war von Anfang an festgelegt. 1336 wurden unter Bischof Albert von Enn die Stadtmauern und der Stadtgraben vollendet. Es gab nun 90 Häuser, die die einzige Stadtgasse säumten, und einen großen Platz am Westende. Die Stadt war in sechs Viertel eingeteilt, wobei das erste vom Ragentor an der Schlossbergseite bis zum ehemaligen Gerichtsgebäude (heute Meusburgerhaus) reichte, das zweite bis zum unteren Tor (Ursulinentor), das dritte an der gegenüberliegenden Seite vom Tor bis zur Florianigasse, das vierte wieder bis zum Ragentor. Oberragen und Außerragen bildeten eigene Viertel. Die Viertel wurden durch die Viertelmeister verwaltet, die durch den Stadtrat bestellt wurden. Es gab drei große Brunnen und die zugehörigen Wasserleitungen.
1370 erhielt die Stadt die Freiheit eines Wochenmarktes und 1371 die Hohe Gerichtsbarkeit (Blutgericht) durch Kaiser Karl IV. verliehen.
Spätmittelalter
Die erste Kirche innerhalb der Stadtmauern von Bruneck, die Rainkirche, wurde durch den Brunecker Bürger Niklas Stuck unterhalb des Schlosses errichtet. Sein Bruder Heinrich stiftete 1358, wahrscheinlich wegen der grassierenden Pest, das Stadtspital mit zugehöriger Kirche, das in den folgenden Jahren erbaut und vor allem durch die Familie Söll durch eine Stiftung finanziell ausgestattet wurde.
Bruneck gehörte in kirchlicher Hinsicht seit seiner Gründung zur Pfarre St. Lorenzen. 1369 schlossen die Bürger der Stadt mit dem dortigen Pfarrer einen Vertrag, wonach sie bei der Kirche in Ragen einen Widum erbauen wollten, um vier Priester in der Stadt zu halten, die für die seelsorgerischen Belange zuständig sein sollten. Diese Kirche zu „unserer lieben Frau“ wird 1334 erstmals erwähnt, es muss sie aber bereits früher gegeben haben, da der Friedhof durch einen Grabstein aus dem Jahr 1300 bezeugt ist.
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts gab es in Bruneck bereits sechs Priester, die sich im Widum aufhalten durften. Bischof Ulrich Putsch erlaubte den Bruneckern den Bau einer Kapelle zur Heiligen Dreifaltigkeit, bei der es sich um die spätere Neukirche handeln könnte; diese, die heutige Klosterkirche der Ursulinen, wurde jedenfalls um 1427 als „Neukirche“ erbaut.
Weiters gab es eine Kapelle, die an die Sakristei der Frauenkirche angebaut war, sowie eine Kapelle zu Ehren des heiligen Sebastian. Diese wurde auch namensgebend für eine Sebastians-Bruderschaft, die sich hauptsächlich um Arme und Kranke kümmerte. Beide Kapellen wurden im Zuge des Neubaus der Pfarrkirche 1789 abgetragen.
Seit 1430 und bis 1519 ist in Bruneck die ordensähnliche Gemeinschaft der Beginen (Begutten oder Betschwestern) urkundlich nachweisbar. Diese Gruppe wohnte in einem eigenen Haus in der „Peunte“ und kümmerte sich vor allem um kranke Mitbürger*innen.
Im späten Mittelalter entstand die Pustertaler Malschule, zu deren Gründern der Maler Hans von Bruneck gehörte, und in der Michael und Friedrich Pacher ausgebildet wurden. Michael Pacher (ca. 1435–1498) betrieb danach eine Werkstatt in der Brunecker Altstadt, die zu einer der renommiertesten des gesamten Alpenraumes wurde.
Frühe Neuzeit
In der Zeit der Bauernkriege (1525) übernahm Erzherzog Ferdinand zunächst den Schutz des Hochstiftes Brixen und somit auch der Stadt Bruneck gegenüber den revoltierenden „Bauern“ (nach dem Tod des Leonhard von Görz waren die Gerichte im Pustertal im Jahr 1500 an das Haus Habsburg übergegangen). Der Stadtherr (der Bischof) nahm danach in der Stadt Quartier, verstarb aber in seinem Amtshaus. Obwohl die Stadt von Brandschatzungen verschont blieb, schaffte es das lutherisch-reformatorische Gedankengut, bei den Bürgern Aufnahme zu finden. Als aber die Brunecker in den 1560er Jahren begannen, deutsche Kirchentexte zu rezitieren und das Abendmahl in zweierlei Gestalt zu verabreichen, wurden sie aus Brixen schwer gerügt. Mehrere Visitationen förderten in der Folge ungehorsame Geistliche und missliebige Schriften zutage.
Nach verschiedenen Klagen der Brunecker Bürger gegen den Pfarrer von St. Lorenzen wurde die Stadt durch eine Urkunde von Bischof Christoph Andreas von Brixen 1610 eine eigene Pfarrei, Johann Härlin wurde erster Pfarrer in der Stadt. Allmählich setzte sich auch die Bezeichnung „Pfarrkirche“ für die Liebfrauenkirche in Oberragen durch. 1626 siedelten sich in Bruneck die Kapuziner an.
1723 kam es zu einem verheerenden Brand, in dem ein großer Teil der Stadt zerstört wurde. 1741 wurde gegen heftigen Widerstand der Bürgerschaft und des Stadtrates das Ursulinenkloster in Bruneck gegründet.
Am 6. März 1803 wurde die Herrschaft des Bischofs offiziell aufgehoben, und Kaiser Franz I./II. übernahm die Gebiete des Fürstentums Brixen als Besitz.
Die Zeit der napoleonischen Kriege
1797, nach der Schlacht von Spinges, bewegten sich die französischen Truppen in Tirol durch das Pustertal Richtung Osten, wo sie sich mit der Hauptarmee vereinen wollten. Die hier ansässigen Landstürmer versammelten sich in Bruneck, von wo sie eine Abordnung nach Mühlbach schickten. Diese erhielt dort die Zusicherung, dass Pustertaler Personen und ihr Eigentum keinerlei Schaden nehmen würden. Französische Offiziere wurden danach für eine Nacht in Bruneck einquartiert, während die Truppen auf den umliegenden Feldern lagerten.
1809 unterstand das Pustertal dem bayerischen Generalkreiskommissar Johann Georg von Aretin, sein Stellvertreter in Bruneck war Johann Theodor von Hofstetten. Nach der Kriegserklärung Österreichs an Frankreich und seine Verbündeten am 9. April 1809 und dem Einrücken der österreichischen Truppen im Pustertal setzte der österreichische Intendant Joseph von Hormayr den Landesschützenmajor Philipp von Wörndle als Vize-Intendanten im Pustertal ein. Am 20. Mai kam Andreas Hofer, der sich inzwischen zum Oberkommandanten über alle Schützen und Landstürmer gemacht hatte, persönlich nach Bruneck, um den Feldmarschall Chasteler zu überzeugen, mit ihm gegen Innsbruck zu marschieren.
Im Juli 1809 wurde der Waffenstillstand bei Znaim geschlossen, und Chasteler, der sich anschickte, das Pustertal zu verlassen, bestellte den k.k. Hauptmann Steiner zum Oberkommandanten im Pustertal. Anton Steger führte die Brunecker Schützenkompanie an, am 31. Juli wurde er von Hofer zum Bevollmächtigten im Pustertal ernannt. Nach den ersten drei Bergisel-Gefechten wurde am 14. Oktober 1809 der Friede von Schönbrunn geschlossen, in welchem Tirol wieder an die Siegermächte abgetreten werden musste.
Nach Unruhen im Pustertal zog am 1. November der französische General Rusca in Lienz ein und marschierte von dort Richtung Westen — am Bergisel wurden am gleichen Tag die Tiroler besiegt, die Bayern zogen wieder in Innsbruck ein. Am 5. November kam Rusca in Bruneck an, bei Gais fand an diesem Tag ein Gefecht statt. In der Folge konnten sich die Franzosen bis zur Mühlbacher Klause durchkämpfen und diese auch einnehmen.
Die Bewohner der umliegenden Dörfer, die bereits am 30. November mit der Beschießung der Stadt Bruneck begonnen hatten, beschlossen, sie am 2. Dezember anzugreifen. Es kam zu einem stundenlangen Kampf auf den Rienzfeldern, die Landstürmer drangen zunächst bis zum Graben vor, danach aber egriffen sie die Flucht. Die Schützen hatten in Percha ein Hauptquartier eingerichtet, von wo aus sie am 3. Dezember die Franzosen zur Übergabe der Stadt aufforderten.

Schreiben aus dem “Hauptquartier” Percha an den Stadtmagistrat Bruneck mit der Aufforderung zur Übergabe, 3. Dezember 1809. Stadtarchiv Bruneck, Magistratsprotokolle 1809. Foto: Stadtarchiv Bruneck.
Die Franzosen lehnten diese Aufforderung ab. Als General Broussier mit 6000 Mann in Bruneck einmarschierte, hatte er auf seinem Weg durch das Pustertal von Lienz aus bereits zahlreiche Exempel statuiert und teilweise unbeteiligte Menschen erschießen lassen. Die Kämpfe um die Stadt Bruneck im Dezember 1809 forderten insgesamt 62 Menschenleben.
Nach dem Aufstand von 1809 wurde das Pustertal wieder dem Königreich Bayern einverleibt. Im September 1813 kam es zu neuerlichen Auseinandersetzungen, als Franzosen in die Stadt Bruneck eindrangen und Quartier nahmen. Am 3. Oktober trafen Franzosen und Österreicher aufeinander, das Geplänkel blieb aber ohne Entscheidung. Am folgenden Tag rückten die Österreicher in Bruneck ein, im Sommer 1814 wurde das ganze Land Tirol schließlich an Österreich zurückgegeben.
Bruneck hatte in der Zeit der napoleonischen Kriege vor allem unter der viermaligen feindlichen Besatzung zu leiden und musste teilweise hohe Schulden aufnehmen.
Das „lange“ 19. Jahrhundert
Um 1800 war Bruneck ein kleines Landstädtchen mit ca. 1900 Einwohnern. 1815 wurde das Kreisamt endgültig nach Bruneck verlegt, 1819 eine neue Gemeindeordnung eingeführt. Seit 1849 bestand die Gefürstete Grafschaft Tirol nur mehr aus drei Kreisen; die spätere Bezirkshauptmannschaft Bruneck (ab 1868) gehörte mit den Gerichtsbezirken Bruneck, Taufers, Enneberg, Buchenstein, Welsberg und Ampezzo zum Brixner Kreis.
1835 wird erstmals eine „Bürgergarde“ in Bruneck erwähnt, an deren Spitze eine „schön uniformierte Musikbande“ marschierte. 1842 wurde der „Verein zum geselligen Vergnügen“ oder „Kasino-Verein“ zum zweiten Mal (nach 1829) ins Leben gerufen, ein literarischer Zirkel, der sich im Gasthof „Zum Goldenen Stern“ zu literarischen und musikalischen Abenden und zum Theaterspiel traf. 1843 wurde der gebürtige Innsbrucker Hermann von Gilm nach Bruneck versetzt, ein bereits damals bekannter Dichter, der am Kreisgericht beschäftigt war. Das kulturelle Leben, das sich in Bruneck entfaltete, brachte der Stadt zeitweise den Ehrentitel „Klein-Weimar“ ein. 1850 wurde die Stadtpfarrkirche im historistisch-neuromanischen Stil neu errichtet, wobei der bis in das Mittelalter zurückreichende Vorgängerbau fast zur Gänze abgetragen wurde. Wichtigste Spur der Gründerzeit in Bruneck sind mehrere Bauten am Graben, der Anfang des 19. Jahrhunderts aufgeschüttet und zur Flaniermeile und zum Marktplatz umfunktioniert wurde.
1863 wurde in Bruneck eine Freiwillige Feuerwehr gegründet, 1871 wurde der Betrieb der Eisenbahnstrecke Lienz-Franzensfeste aufgenommen. Johann Georg Mahl gründete 1870 den Stadtverschönerungs-Verein und war auch Mitbegründer der Sektion Bruneck des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. 1895 wurde ein Schutzhaus auf dem Kronplatz feierlich eingeweiht.
Die Überschwemmung von 1882 war eine Katastrophe für die Stadt. Die Bäche zu beiden Seiten des Haupttales schwollen im September durch lang anhaltende Regenfälle an und rissen Schutt, Geröll und ganze Bäume mit sich in die Tiefe. Am 16. September waren in kürzester Zeit im ganzen Pustertal alle Verbindungen unterbrochen, die Straßen unpassierbar, die Eisenbahnstrecke war an vielen Stellen unterspült. In der Stadt selbst wurden Häuser, Werkstätten und Futterhäuser zerstört.
Im September 1886 fanden in der Umgebung von Bruneck sogenannte „Kaisermanöver“ statt, bei denen die im Jahr 1880 durch den Brunecker Stadtverschönerungsverein errichtete „Kaiserwarte“ am Kühbergl als Aussichtspunkt verwendet wurde, ein 18 Meter hoher Turm, von dem aus Kaiser Franz Joseph I. und die Erzherzöge die Bewegungen der Truppen gut überblicken konnten.
Bruneck im 20. Jahrhundert
Am 5. Dezember 1903 brannte zum ersten Mal elektrisches Licht in den Häusern der Stadt. Mit der Energie des Städtischen Elektrizitätswerkes wurde auch die 1907-08 erbaute Lokalbahn Bruneck-Sand in Taufers 1908 in Betrieb genommen.
Im Ersten Weltkrieg war Bruneck eine wichtige Drehscheibe für die nicht weit entfernte Dolomitenfront, was sich vor allem durch die starke Präsenz von Militär in der Stadt bemerkbar machte. Umgekehrt mussten sehr viele junge Männer zum Kriegsdienst einrücken, doch schon bald griff man auch auf ältere Jahrgänge zurück, die die großen Verluste in Galizien (1914/1915) kompensieren mussten. In Bruneck wurden ein Etappenkommando und drei Lazarette eingerichtet. 1915 wurde am Kühbergl im Süden der Stadt ein eigener Friedhof für die Soldaten und Kriegsgefangenen angelegt. Nach dem Waffenstillstand 1918 besetzten italienische Soldaten die Stadt, italienische Beamte übernahmen die Verwaltung.
Als im Jahr 1922 Benito Mussolini mit seiner faschistischen Partei die Regierung in Italien übernahm, begann Ettore Tolomei mit seinem Programm der Entnationalisierung in Südtirol. Am Brunecker Kapuzinerplatz wurde ein Monument zu Ehren der im Äthiopien-Krieg eingesetzten Divisione Pusteria der Alpini aufgestellt. Das Ensemble rund um dieses Denkmal, das in der Folge öfters Ziel von Sprengstoff- und Farbattacken war, ist das wichtigste Zeugnis faschistischer Architektur im mittleren Pustertal. Von der im Volksmund „Kapuziner-Wastl“ genannten Statue ist heute nur noch ein Torso auf einem großen Steinsockel erhalten.
In den letzten Jahren und Monaten des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) wurde Bruneck einige Male von Fliegerbomben getroffen.

Graffiti in der Hintergasse.
In der Nachkriegszeit erholte sich die Stadt wirtschaftlich sehr schnell. Der Fremdenverkehr nahm ebenso wie die Bautätigkeit zu, die Einwohnerzahl stieg rapide an. Das Kulturleben wurde durch einen „Verein für Kultur und Heimatpflege“, die Gründung der Sektion Bruneck des Südtiroler Alpenvereins, eine neue Bürgerkapelle und die Wiedererrichtung des Schulwesens, die Einrichtung einer Musikschule und die Institutionalisierung der Erwachsenenbildung angeregt. Weiters wurden verschiedene Sportvereine gegründet und die dazu gehörende Infrastruktur gebaut. 1963 nahm die Kronplatzbahn ihren Betrieb auf, was Bruneck und Reischach zu Zentren des Wintersports werden ließ.
Anmerkung
- [1] Das Attribut „von Wullenstetten“ bzw. „von Bullenstätten“, das sich in der Literatur häufig findet und auch auf dem Fresko am Unterrainertor dem Bischof zugewiesen ist („Graf von Bullenstätten u Kirchberg in Schwaben“), ist nicht zutreffend. Vgl. Philipp Jedelhauser, Die Abstammung von Bischof Bruno von Brixen, Graf von Kirchberg (Iller) mit Exkurs zu Gräfin Mathilde von Andechs, Ehefrau von Graf Engelbert III. von Görz und Mutter von Graf Meinhard III., Krumbach 2016, 17–19.