Im Stadtarchiv befindet sich eine Serie von sieben Postkarten und zwei Briefen, die der Kriegsgefangene Josef W. in den Jahren 1915–1918 an seine Frau Maria geschrieben hat. Sie geben interessante Einblicke in das Leben des Soldaten. Eine Karte aus Ribolla in der Provinz Grosseto (Toskana) sei hier im Wortlaut wiedergegeben:
Ribolla am 27 Juli 18.
Liebes Weiberl u Peperl! Gottlob bin gesund was noch meine Freude ist. Sende mir Nadl und Zwirn, 1 Handtuch 2 färbige oder weise Hemden u etwas Kaffe der kommt mir jetzt so wohl. 3 volle Jahre sind jetzt vorüber, ist mir alleweil so mittlmäsig gegangen leider werden die Zeiten durch die lange Dauer imer schese jedoch werde ich auch diese Zeiten noch mit Geduld überstehen bis uns das Schicksal wieder zusammen führt, ich weis u stelle mir ganz gut vor wie es bei euch aussieht, jedoch gedulde nur der Schutz von Oben wird uns nicht verlassen, wegen Sepele lass ich alles dir über, und mach wie du es am besten meinst, ich glaube wen es auch noch eine zeitlang dauert ist u seit ihr beide am besten bei den Eltern aufgehoben, grüs mir alle besond. Eltern in der Hoffnung auf gesundes Wiedersehen sendet dir herzl. Grüse dein treuer Gatte Josef.
Die Postkarte trägt mehrere Stempel der Zensurabteilung Wien und ist als „Corrispondenza Prigionieri di Guerra“ gekennzeichnet. Ribolla ist als Internierungsort des Infanteristen Josef W. ausgewiesen. Das Dokument ist in den Beständen des Stadtarchivs Bruneck überliefert, da Maria F. verheiratete W. 1931 ein Ansuchen für eine Kriegspension für ihren Mann stellte. Durch dieses beglaubigte Gutachten erfahren wir einiges über dessen „Kriegskarriere“: 1877 geboren und wohnhaft in Bruneck, wurde er im April 1915 zu den Waffen gerufen und dem 4. Kaiserjägerregiment (7. Kompanie in Vöcklabruck, Niederösterreich) zugewiesen. Er wurde am 22. Juli 1915 nach Nabresine bei Triest abgeordnet und beteiligte sich an einem Gefecht bei Doberdò (31. Juli – 1. August 1915) im Rahmen der Zweiten Isonzoschlacht, wo er am Kopf verletzt wurde und deswegen in Gefangenschaft geriet.
Im April 1919 durfte Josef W. nach Hause zurückkehren, wo er aufgrund der Kriegsverletzung zeitweise an Bewusstseinsstörungen litt. Um eine Kriegspension aufgrund seiner teilweisen Invalidität suchte W. niemals an. Ab 1926 wurde er immer wieder – während der Sommermonate – in die Nervenheilanstalt in Pergine aufgenommen, um aufgrund seiner psychischen Erkrankung behandelt zu werden, die von den bei der Einreichung des Ansuchens anwesenden Zeugen auf die Kriegsverletzung zurückgeführt wurde.