Der faschistische Amtsbürgermeister von Bruneck regte 1936 die Errichtung eines Denkmals für die Alpini-Division “Val Pusteria” an. Die Gebirgsjägereinheit nahm am Kolonialkrieg Italiens gegen Abessinien (Äthiopien) teil.
Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 6. Juni 1938 auf dem Kapuzinerplatz, der durch neue Bauten und Symbole zu einem italienischen Gegenpol zur Altstadt Brunecks umgestaltet werden sollte.
Das vom Bildhauer Paolo Boldrin aus Padua angefertigte Standbild zeigte einen sechs Meter hohen, mit einem Gewehr bewaffneten, nach Norden, in Richtung Staatsgrenze blickenden Alpino. Es zelebrierte die “Val Pusteria” und ehrte deren Gefallene, symbolisierte aber zugleich auch die Annexion Südtirols durch Italien nach dem Ersten Weltkrieg und die faschistische Politik der Zwangsitalianisierung der deutschen und ladinischen Minderheit ab 1922.
Nach der Besetzung Italiens durch NS-deutsche Truppen am 8. September 1943 wurde die Skulptur von deutschsprachigen Brunecker Bürgern vom Sockel gerissen. Nach dem Krieg setzte sich die Nationale Alpinivereinigung ANA für deren Wiedererrichtung ein. Der Grödner Bildhauer Rudolf Moroder schuf einen vier Meter hohen, unbewaffneten Alpino in schreitender Pose. Das Denkmal wurde 1951 eingeweiht.
In der Zeit der Bombenanschläge, die in Südtirol ab 1956 zur Erringung des Selbstbestimmungsrechts einsetzten, wurde das Monument, das als Symbol des italienischen Staates betrachtet wurde, wiederholt beschädigt und 1966 vollkommen zerstört.
Ein neues Denkmal in alter Form, gewidmet allen im Krieg oder bei zivilen Einsätzen ums Leben gekommenen Alpini, wurde 1968 enthüllt. 1979 wurde auch dieses Standbild in die Luft gesprengt und ein Jahr später nur mehr die Büste des Alpino auf den Sockel gestellt.
Die Deutung des Alpinidenkmals ist umstritten. Für die einen ist es ein Symbol der Gebirgstruppen, die seit Jahrzehnten an internationalen Friedensmissionen teilnehmen und im Zivilschutz wichtige Aufgaben übernehmen. Anderen gilt es nach wie vor als Verherrlichung des Faschismus und seiner Kriege, sowie als Symbol der damaligen Unterdrückung der lokalen Bevölkerung.
Dieser Text wurde mit Gemeinderatsbeschluss Nr. 65 vom 22.10.2012 als Beschreibung des Denkmals auf einer Informationstafel genehmigt.
Weiterführende Literatur:
- Sebastian De Pretto, Im Kampf um Geschichte(n). Erinnerungsorte des Abessinienkriegs in Südtirol (Formen der Erinnerung 71), Göttingen 2020. Link (extern) zum Verlag
- Bruno Gius, Erinnerungskultur und erfahrungsgeschichtliche Deutung am Beispiel der Alpinidenkmäler in Bruneck, in: Der Schlern, 94. Jg. (2020), Heft 4, 4−27.