Dieser schlanke Tabernakelbildstock mit Pyramidendach weist in seiner einfachen Form und Ausstattung keine Spuren älterer Bemalung auf. Er dürfte eine im 19. Jahrhundert erstmals errichtete Neuinterpretation des Denkmals sein, das im 16. Jahrhundert an der Straße zwischen St. Lorenzen und Bruneck stand und auf einer gemalten Darstellung der Stadt Bruneck aus dem Jahr 1581 zu sehen ist. Dieser Bildstock an der wichtigen Hauptroute durch das Pustertal hatte als Ort zum Innehalten, aber auch als Orientierungshilfe und Markierung der Stadtgrenze in unmittelbarer Nähe zur Zollschranke gedient, die dem westlichen Stadttor vorgelagert war.
Das Denkmal, das jetzt an der Reischacher Straße steht, wurde vor 1829 am westlichen Rand des heutigen Paul-Tschurtschenthaler-Parks aufgestellt. Der Grund für die folgende Übermalung eines älteren Bildprogramms, das – wie Reimo Lunz vermutet – aus dem 19. Jahrhundert stammte, ist nicht bekannt. In den 1930er Jahren stellte der Brunecker Maler Gottlieb Schweighofer in der (heute) westlichen Wölbung den Gekreuzigten dar, in der südlichen Nische die Muttergottes als Maria Immaculata und an der Nordseite den Stadtgründer Bischof Bruno, Graf von Kirchberg, mit einem Modell der von ihm errichteten Brunecker Burg. Die vierte Wölbung blieb ohne Darstellung.
1994 wurde der Bildstock auf Veranlassung des Brunecker Vereins für Kultur und Heimatpflege durch den akademischen Maler Johann Pescoller restauriert, etwa zur selben Zeit erfolgte anlässlich des Baus der Unterführung zwischen Paul-Tschurtschenthaler-Park und Waldheimer Weg die Verlegung von der stadtseitig gelegenen Straßenseite in die Nähe des Aufgangs zum Waldfriedhof.
Literatur:
- Lunz Reimo, Bruneck im Spiegel seiner Ansichtskarten. Alte und neuere Ansichtskarten von Bruneck und Umgebung (von 1895~ bis zirka 1970). Versuch einer Katalogisierung der Brunecker Ansichtskarten, Bruneck 2018, 558f.